Geschichte der Drehorgel
Wann die ersten mechanischen Drehorgeln entstanden ist nicht genau
bekannt.
Was ist aber schon ein alter Leierkasten, der würdig wäre , dass man
sich mit seiner Geschichte
befassen würde ?
Die Quellen zur Geschichte der Drehorgeln sind sehr spärlich.
Als Erfinder der Drehorgel wird gern der deutsche Jesuitenpater Athanasius
Kirchner (1601
– 1680 ) genannt .
1702 beauftragte die Königliche Akademie der Wissenschaften in Paris
einen Monsieur Carre
, alle Musikinstrumente ausführlich zu
beschreiben, die in dieser Zeit in Frankreich in Gebrauch waren. Carre
ist es zu verdanken, dass viele Musikinstrumente genau beschrieben wurden,
so z. B: das Cembalo, dass es aus 4000
Einzelteilen besteht. Carre
starb bevor er auch eine Drehorgel hätte beschreiben können.
Im päpstlichen Kirchenmuseum befindet sich seit 1650 ein Schriftstück ,
in welchem der Jesuit Kirchner
mechanische Orgeln beschreibt. Kirchner
gibt darin eine genaue Anleitung , wie man eine Walze bestiften soll.
Erst viel später , 1785 , wurde in Frankreich in einem sehr
bescheidenen Ausmaß
eine Beschreibung von selbst spielenden mechanischen Musikinstrumenten
in einer Enzyklopädie
veröffentlicht .In dieser Enzyklopädie wurden die „gewöhnlichen"
Lumpeninstrumente,
wie man sie auf Straßen oder in Wirtshäusern spielte nicht
beschrieben,
weil man sie, zu denen auch der Leierkasten (Drehorgel) zählte, mit
dem Satan in Verbindung brachte.
Nach dem Tod von Kirchner
wurde die Beschreibung von
mechanischen Musikinstrumenten 1698 durch Filippo
Bonanni weitergeführt. Er gab 1709 einen Katalog heraus, in dem eine Orgel beschrieben wird ,
die mit einer Handkurbel gedreht wurde.
Im Französischen heißt die Drehorgel noch heute : „Orgue
de Barbarie".
Der Namen könnte auf den Italiener Giovanni
Barberi zurückführen, der um 1700 kleine tragbarer Orgeln baute.
Wörtlich übersetzt heißt es aber „Orgel aus
der Barbarei".
Es muss sich also eine Drehorgel barbarisch angehört haben.
Sie war ja auch täglich Wind und Wetter, Staub und Regen auf Straßen
und Hinterhöfen ausgesetzt . Die Walzen und Pfeifen abgenutzt ,weil den Orgelsleuten das Geld fehlte
zur Wartung.
Jeder darf sich also selbst ein Urteil bilden , ob
Giovanni
Barberi oder die Barbarei
Namensgeber der Orgel in Frankreich ist. Es
ist auch durchaus möglich, dass das Wort Barbarie
dabei auch soviel wie "Nichtfranzösisch", also
"Ausländisch" heißen könnte. Was auch im Zusammenhang
mit der Drehorgel nicht
ungewöhnlich wäre. Auch der Bericht der Königlichen Akademie in Paris 1702 ist leider
nicht eindeutig in der Namensgebung für die Orgel.
Eins ist aber sicher, dass schon vor 1700 mechanische Drehorgeln
bekannt waren.
Von mechanischen Musikinstrumenten wird bereits im Altertum berichtet.
Heron von Alexandrien lebte wahrscheinlich im 1. oder 2. Jahrhundert
nach Christus war Mathematiker und
Techniker. In Schriften über Mechanik ging
er auf eine Wasserorgel ein ,die aber kein mechanisches Musikinstrument
war . Auch beschreibt Heron ein automatisches mechanisches
Schlagzeug und ein Miliarium (Badeofen) , eine selbstblasende
Trompete und künstlich zwitschernde Vögel, welche mit Wasserdampf
betrieben wurden und die Leute im Bad unterhalten haben sollen.
Im 13. Jh. beschrieb Albrecht
von Scharfenberg in einem
Ritterroman das „mechanische Vogelgezwitscher".
Es ist wahrscheinlich , dass die
Beschreibung nicht nur der Phantasie des Albrecht, sondern eines
wirklich funktionierenden Musikinstrumentes entsprang.
Im 15. Jh. soll Jan
van Steenken am Hofe des Herzogs
von Burgund „Erfinder einer mechanischen
Walzenorgel" sein , was aber nicht stimmen soll. In Wien befindet sich in einem Museum ein „selbstspielendes
Spinett" aus den Jahre um 1600.
Nachweislich als erster deutscher Drehorgelbauer ist Johann
Daniel Silbermann
(1717 – 1766) zu nennen. Er gehörte zur berühmten Orgelbauerfamilie und war ein Neffe des
Orgelbauers Gottfried
Silbermanns .
Im 18.Jh. beginnt das aufstrebende
Bürgertum am musikalischen Leben lebhaften Anteil zu nehmen. Jetzt entstehen mechanische
Musikinstrumente , meist eingebaut in Standuhren und Schreibsekretären und werden zur Zierde
des Haushaltes eines gutsituierten Bürgers.
Einer der bekanntesten Drehorgelbauern des 18/19. Jh. ist aber Ignaz
Blasius Bruder, er wurde im Schwarzwald als Sohn eines
Tagelöhners geboren und baute bereits mit 24 Jahren mechanische Spieluhren.
Die Drehorgel fristete über Jahrhunderte hinweg auf den Straßen ein
ärmliches Dasein und geht doch nicht unter.
Heute widmen sich ältere und auch jüngere dem Drehorgelspiel,
ob als Einzelvortrag als Straßenmusiker bei Stadtfesten, bei
Vereinsfeiern, privat oder in Drehorgelorchestern, in welchen sich Spieler zusammenfinden, um
in Kirchen oder Festen ihre Freude am Drehorgelspiel zu zeigen.
War der Drehorgelspieler vergangener Zeiten musikalischer Unterhalter
und Nachrichtenübermittler auf den Straßen ( Radio, CD , MP3 gab es ja nicht ) ,
so ist der Drehorgelspieler heute eine noch oft belächelte
nostalgische Betrachtung der Musik.
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